0

ELEFANTEN, ELEFANTEN, ELEFANTEN

 

Reise durch ein grünes, feuchtes Botswana und ein extrem trockenes Namibia

(Ende Januar 2023 - Mitte März 2023)

 

Wieder unterwegs in Afrika. Doch dieses Mal soll es nicht gleich Namibia sein. Gute 1000 Kilometer wollen wir in einem Rutsch fahren; von Kapstadt aus über Clanwilliam, Vanrhynsdorp, Calvinia und weiter Richtung Brandvlei, Upington, bis zum Kgalagadi TFP. Und wir schaffen es wirklich bis kurz vor den Parkeingang. Auf dem Camp der Kgalagadi Lodge sind wir erstaunlicherweise ganz allein. Ist das vielleicht ein gutes Vorzeichen für den Park, für den wir noch keine Übernachtungsplätze gebucht haben? Wir werden uns am nächsten Tag überraschen lassen.

Stille Nacht. Außer ein paar Vogelstimmen hören wir am frühen Morgen nichts. Na hoffentlich wird das im Park anders. Um 9 Uhr stehen wir am Gate, auch hier Stille. Bevor wir uns den Ausreiseformalitäten widmen, erkundigen wir uns erstmal auf der botswanischen Seite, ob wir für ein paar Tage Übernachtungen buchen können. Schon erwarten wir die seit Jahren gängige Antwort: FULLY BOOKED. Doch nichts dergleichen passiert. Stattdessen eine Überraschung: zwei Nächte auf dem Rooiputs-Areal, eine Nacht auf Polentswa und dann wollen wir über das Kaa-Gate den Park schon wieder gen Norden verlassen. Schnell stehen die Buchungen; perfekt für uns, nun können wir entspannt unsere Weiterreise planen. Die Grenzformalitäten erledigen wir hier, mein Visum läuft ab, ich muss nun zügig raus aus Südafrika. Und schwuppdiwupp sind wir im Kgalagadi TFP. Wie immer richten wir den Wagen für die Fahrt, Luft aus den Reifen lassen, das Equipment für Tierfilm und -fotografie startklar machen. Man weiß ja nie, vielleicht läuft uns ja gleich eine Katze über den Weg? Das Camp „Twee Rivieren“ ist fast leer. Sind etwa alle im Park unterwegs, oder sind wirklich nur wenige Besucher hier? Letzteres würde uns natürlich milde stimmen, haben wir doch schon seit unseren vergangenen Besuchen das Gefühl, dass der Park zusehends zu einem befahrbaren Tierpark oder Zoo verkommt.

Wir nehmen vorerst Kurs Richtung Mata Mata, rollen gemütlich auf der sandigen Piste, bekommen aber kaum Tiere zu Gesicht. Ok, es ist ja auch fast Mittag und es wird langsam heiß. Wir zweigen auf die Dünenroute Richtung Rooiputs ab. Wow, ist das grün hier, das Gras steht hoch. Das haben wir so gar nicht erwartet. Die nächsten Überraschungen lassen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Ganz in der Nähe des Rooiputs-Camps sehen wir zwei Geparde unter einem Baum. Und auf dem Camp selbst? Da lungern doch schon drei Löwendamen unter dem A-Frame auf Camp Nr.1. Wie verrückt ist das denn? Und auch wir können uns noch ein Camp von den drei freien aussuchen. Das war in der Vergangenheit nie möglich. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Wir entscheiden uns für Platz Nr.6, denn von dort haben wir die Löwendamen gut im Blick. Zum Abend gesellen sich ganz spontan Edith und Werner (Freunde aus Kapstadt) zu uns. Und sie haben viel von ihrer Tour durch den Kgalagadi zu berichten, während sich am Horizont schon dicke Gewitterwolken zusammenballen und in der Nacht ein Licht- und Feuerwerk mit unzähligen Blitzen entfachen werden.

Am nächsten Morgen sind alle früh aus den Federn und unterwegs. Ganz in der Nähe des Kij Kij-Wasserlochs tummeln sich unzählige Springböcke, Gnus und auch zwei Geparde. Na, ob hier gleich Unruhe aufkommen wird? Und ob. Plötzlich tauchen noch zwei Geparde auf, dazu ein Löwenweibchen. Puuuh, und dann geht alles rasend schnell. Die Löwin rennt auf die Geparden zu, Sand fliegt, nicht nur durch den auflebenden Wind. Jäger werden zu Gejagten. Löwin jagt Geparde, die sich doch gerade auf die Springböcke konzentrierten. Hinzu kommen nun die anderen zwei Geparde, die ebenso das Durcheinander nutzen wollen. Springböcke und Gnus rasen wie irre davon, überall Staubwolken. Wir müssen uns erstmal einen Überblick verschaffen, warum die Löwin so wild auf die Geparde losgegangen ist, statt selbst das überbordende Futterangebot zu nutzen. Wir erfahren, dass unweit des Wasserloches ihre Jungen, versteckt in den Sanddünen, das Schauspiel wohl beobachtet haben. Hui, Löwenbabys, da werden wir unsere Augen offenhalten müssen. Und wir werden belohnt. Beim abendlichen Gamedrive sehen wir tatsächlich die drei Kleinen auf den roten Sanddünen spielen; uns geht wie immer das Herz auf. Sonst gibt es nichts Spektakuläres zu sehen. Ok, ein Habicht hockt gerade mit einem frisch gefangenen Erdhörnchen am Wegesrand und eine Schildkröte schleicht bedächtig über die Piste. Umso „aufregender“ wird dann die Nacht. Erst legt der Wind nur langsam zu, aber dann entwickelt er sich zu einem Sturm. Der Sand fliegt waagerecht. Es bleibt nicht dabei. Mitten in der Nacht entlädt sich ein extrem heftiges Gewitter, unzählige Blitze zucken in alle Richtungen, die Nacht wird taghell. Das Donnergrollen ist laut, dumpf und scheint an Mächtigkeit zuzunehmen. Ein irres Schauspiel, an Schlaf ist nicht zu denken. Erst am Morgen beruhigt sich die Naturgewalt, es kühlt merklich ab und wir finden noch ein wenig Schlaf.

Schon am nächsten Tag geht es weiter zum Polentswa-Camp. Der Weg ist lang, überall steht das Wasser auf der sonst so staubigen Sandpiste. Zum Glück sind einige Passagen gut zu umfahren, andere müssen wir aber mit viel Wachsamkeit durchfahren. Verrückt, wie hoch hier das Wasser steht. Hat uns in der Nähe des Kij Kij-Wasserloches noch der Anblick eines stattlichen Löwenmännchens erfreut, sind es später neben Oryxantilopen, Kuhantilopen und Springböcken vor allem die vielen Vögel an einem der Picknickplätze. Aber am Polentswa-Wasserloch empfängt uns Stille. Das gibt es doch gar nicht. Es ist einer unserer Lieblingsplätze im Kgalagadi, wo es eigentlich immer etwas zu sehen gibt. Schon auf der Fahrt dorthin haben wir keine Tiere gesehen und uns gewundert. Auch frische Tierspuren sind nirgends zu finden. Na gut, vielleicht haben wir am nächsten Morgen Glück. Die Nacht bleibt still. Kein Löwengebrüll, kein Hyänengeschrei, was uns so oft durch die Nacht begleitet hat.

Will uns das Polentswa-Wasserloch den Abschied leicht machen? Wir sitzen schon zwei geschlagene Stunden, frühstücken, warten auf …? Stille, fünf Schakale, ein paar Tauben, wir können es kaum glauben. Der Abschied wird leicht. Wir fahren Richtung Kaa-Gate, nehmen noch einen kleinen Loop, der uns mit einer Löffelhund-Familie und zwei Sekretären entschädigt. Dann queren wir das trockene Nossob-Flussbett und rollen wie über „gemähte Wiese“. Die Piste ist wohl mal gegrädert worden und somit breit und gut zu befahren. Ohne Mühen erreichen wir das Camp am Kaa-Gate. Kein anderer Camper ist weit und breit zu sehen (nun, sind ja auch nur zwei Plätze). Am „Duschhäuschen“ läuft beständig das Wasser. Es müsste repariert werden, doch das scheint schon seit ewigen Zeiten ignoriert zu werden. Zum Glück für die Tiere, die sich gerne an dieser Frischwasserquelle bedienen. Momentan sind es vor allem die Insekten, doch die vielen Löwen-, Schakal- und Hyänenspuren deuten auch auf größere Tiere hin. Und sie werden kommen… in der Nacht, während wir gemütlich im Dachzelt liegen und auf tolle Bilder auf der Wildkamera hoffen. Doch schon bevor wir am nächsten Morgen die Fotofalle holen, hören wir Löwengebrüll, und nicht nur von einem Tier. Rund um uns herum scheint sich ein Rudel zu bewegen. Durchstreifen sie die Büsche nach Futter? Wir klettern auf den Landy, nachdem wir schon viele frische Löwenspuren rund ums Auto gesehen haben. Kein Tier zu sehen. Also hin zur Fotofalle. Und was wir hier zu sehen bekommen, überrascht uns. Eule, Antilope, Braune Hyäne, Schakal, und dann tauchen tatsächlich auch die Löwen auf. Es sind nicht nur Weibchen, nein, zwei stattliche Männchen drängeln sich dazwischen, wollen auch von dem kostbaren Wasser trinken. Zumindest ein Weibchen trägt ein Halsband, es scheint auch trächtig zu sein. Und es trinkt und trinkt, während die anderen zusehends aus dem „Sichtfeld“ der Kamera verschwinden.

Kaum haben wir den Kgalagadi Park verlassen, stoßen wir in traumhafter, grüner Landschaft auf zwei Löwenweibchen, die es sich im Schatten gemütlich machen. Überall blüht es, eine Löffelhund-Familie tollt im Sonnenlicht herum. Wir erreichen die Kaa-Pan. Weiß liegt sie vor uns, auf ihr rennen große Gruppen von Oryx- und Kuhantilopen. Ein tolles Schauspiel, das wir hier gar nicht erwartet haben. Wir schaffen es bei großer Hitze bis Hukuntsi, erledigen noch Notwendiges und sausen weiter bis Kang, wo wir endlich Geld am Automaten ziehen können. Dann reicht es uns mit der Fahrerei und wir quartieren uns kurz hinter dem Ort im Kalahari Rest Camp ein.

Nächster Tag, wir wollen weiter zum Centralkalahari Game Reserve. Wir lieben es, auf den Cutlines dahinzurollen. Schon am Anfang entdecken wir Leoparden- und Antilopenspuren im tiefen Sand, später gesellen sich unzählige Spuren von Kühen dazu. Es ist üppig grün und die Fahrspur ziemlich zugewachsen. Moment, was war das? Schnell ist die Kamera im Anschlag. Da schlängelt sich doch tatsächlich eine große, grüne Afrikanische Baumschlange über den Weg. Und sie ist schnell, es gelingen ein paar Aufnahmen und Schnappschüsse, und dann ist sie auch schon im grünen Dickicht verschwunden.

Die Strecke zieht sich, wir erreichen die uns bekannte Wasser-Pumpstation, die mit breiten „Nagelbrettern“ (Beton mit Stahlspitzen) umgeben ist. Die Zäune drum herum liegen immer noch niedergetrampelt am Boden. Wir entdecken viele frische Elefantenspuren, weit können die grauen Riesen nicht sein. Neben den Spuren auch frische Losung, auf denen sich Schmetterlinge und Mistkäfer niedergelassen haben. Wir sind gespannt, wann wir auf die ersten Elefanten treffen werden. Die Nacht verbringen wir mitten im hohen Gras, mit Insekten, Vögeln und einem traumhaften Sonnenuntergang. Stille Nacht, am Morgen liegt Tau auf den Gräsern, die Tropfen glänzen in der Morgensonne. Noch zwanzig Kilometer bis zum Eingang des Centralkalahari Game Reserve’s, die uns aber unendlich erscheinen. Wir sehen wieder frische Elefantenspuren, doch die Riesen scheinen wie vom Erdboden verschluckt. Für zwei Nächte buchen wir uns im Game Reserve ein. Bevor wir Richtung Piper-Pan aufbrechen, wollen wir noch vorsorglich Wasser fassen. Doch der Ablution-Block ist immer noch nicht nutzbar, das Wasser schon lange versiegt, da die Solar-Module von den Elefanten zerstört und nicht wieder aufgebaut wurden. Der Anblick ist schon krass, die Gebäude wurden mit viel Geschmack gebaut und sind nach kurzer Zeit verwahrlost und unbrauchbar.

On the way, durch hohes, grünes Buschwerk Richtung SAN-Pan, wo unser Übernachtungsplatz sein soll. Endlich haben wir auch ein paar Tiererlebnisse: Löffelhunde, Füchse, Springböcke, Gnus, Oryxantilopen, Riesen- und Gackeltrappen und sogar zwei Wildkatzen. Erst im Dunkeln erreichen wir hundemüde unseren Platz… und? Steht doch bereits ein Fahrzeug dort. Das passt uns nun eigentlich gar nicht. Wir fragen mal etwas lauter nach, keine Reaktion. Noch einmal lauter… eine Frauenstimme schafft ein „YES“, dann Schweigen. Zumindest das YES klingt „deutschsprachig“, aber auch auf Deutsch werden wir an diesem Abend keine Antwort mehr bekommen. Etwas mühselig rangieren wir den Landy im Dunkeln, sind ziemlich sauer, da wir den Platz für uns reserviert haben. Aber nun.

Schon früh trollt sich das deutschsprachige Pärchen vom Platz, wir lassen es etwas langsamer angehen, haben keinen Bock auf Begegnung. Und dann rollen auch wir. Es geht durchs Passarge Valley, wieder unzählige Springböcke, Gnus, Oryxantilopen, Trappen. Weite Graslandschaften wechseln sich mit grünen Büschen und Bäumen ab. Ein einziges Gamedrive-Fahrzeug quert unseren Weg. Sonst bleibt es still um uns herum. Erst am Camp im Deception Valley treffen wir auf andere Reisende und natürlich auf Tokos, Frankolins und ganz viele andere kleinere Vögel.

Am nächsten Morgen werden wir von elf Löffelhunden aufgehalten, die emsig und auf Futtersuche hin und her sausen. Und dann verschwinden sie ganz plötzlich in ihrem Bau. Wir warten, hoffen, dass sie sich noch einmal blicken lassen, aber nichts passiert. Und so begeben wir uns auf die elendig lange Fahrt aus dem Park heraus. Die 40 km lange Strecke nach Rakops zieht sich. Die Piste ist ein Band aus unzähligen tiefen Wasserlöchern und so kommen wir nur mühsam voran. Jetzt noch schnell zur Tankstelle und Diesel tanken. Tja, zumindest wir haben Glück, denn Benzin gibt es schon seit Tagen nicht mehr.

Neuer Tag, neue Hoffnung auf großartige Tiererlebnisse im Makgadikgadi Pans National Park. Über Kumaga erreichen wir den Boteti, der im Jahr 2018 noch Wasser führte und heute trocken vor uns liegt. Schnell haben wir das Flussbett gequert, die Formalitäten am Parkeingang erledigt und dann geht es auch schon los mit den ersten Tierbeobachtungen: Elefanten, Giraffen, Meerkatzen, Flusspferde, Kudus, Weißkopfseeadler, Nimmersatt(e), Löffler, Goliath- und Kuhreiher, Waffenkiebitze und kreisende Geier. Wir kommen kaum voran, immer wieder tauchen Elefanten auf, die sich zielstrebig zu den Wasser- und Schlammflächen begeben. Krokodile lauern am Ufer, Insekten sausen umher und wie so oft lärmen die Waffenkiebitze. Und dann machen wir uns am späten Nachmittag auf nach Tree Island, einem Camp inmitten der Salzpfannen. Was wird uns dort erwarten? Schon auf dem Weg dorthin sehen wir viele Giraffen…wow, ist das toll. Große und kleine beäugen uns aus den Akazienbüschen heraus, während wir weiter in die Einsamkeit fahren. Und dann dieses Licht über den gelben Grassavannen. Es ist ein Traum, so dahinzurollen. Dann endlich der Abzweig nach Tree Island. Knapp drei Kilometer vor dem Camp, wir können es fast nicht glauben, sehen wir plötzlich erste Zebras. Und es werden immer mehr. Riesige Herden stehen auf den weiten, grünen, leicht hügeligen Ebenen und auf den weißen Pfannen. Sind es Tausende, oder eher Zigtausende? Unglaublich! Dazu ein traumhafter Sonnenuntergang auf dem 6-Sterne-Camp mitten im Makgadikgadi. Schöner kann es nicht sein.

Es wird eine friedliche Nacht, ein paar Perlhühner gackern, ein Schakal schreit. Am Morgen sehen wir immer noch die Zebras, auf der Seite liegend und schlafend. Die Tiere sind unheimlich friedlich. Von Raubtieren keine Spur. Ganz gemütlich rollen wir Richtung Molokwane-Gate, immer begleitet vom Anblick der unzähligen Zebras. Zu unserem Leidwesen gibt es aber auch unzählige Mücken, und vor allem Ameisen. Letztere stürzen sich sofort auf alles, was sich bewegt, so auch auf uns, wenn wir das Auto verlassen.

Und dann braut sich am Himmel ein mächtiges Gewitter zusammen. Der Himmel wird schwarz, der Wind bläst heftig, die unteren Wolkenschichten fliegen in rasantem Tempo über unsere Köpfe. Was für ein grandioses Naturschauspiel, das sich mit heftigem Regen entlädt. Dazu Blitze, waagerecht, senkrecht, und wir mittendrin.

Share by: