Teil 3
Über das Anderson Gate erreichen wir den Etosha Nationalpark. Hier verbringen wir 10 Tage. Unsere Übernachtungsplätze sind 3 Nächte auf der Okaukuejo Campsite, 2 Nächte auf dem Halali Camp und 5 Nächte auf der Namutoni Campsite, bis wir schließlich den Park über das Von Lindequist Gate verlassen.
Fortsetzung unserer Reisestory:
Über das Main Gate „Okaukuejo“ tauchen wir in den Etosha-Nationalpark ein. Schnell noch Papierkram, Bezahle und Plätzchen suchen, und schon geht es kurz vor Sonnenuntergang auf die erste abendliche Ausfahrt. Die Gnus haben wir schon gehört, das ohrlose Nashorn schon bei unserer letzten Tour gesehen… wir sind gespannt, was uns in den nächsten Tagen so erwarten wird.
Nächster Morgen. Es ist noch stockdunkel und wir stehen bereits am Gate zur Ausfahrt bereit. Hm…weit und breit kein anderes Fahrzeug, das zum Gamedrive starten will? Unsere Uhren gehen doch richtig(?) und stimmen mit den angezeigten Ausfahrtzeiten am Tor überein. Da bleibt nur, noch einmal das Anmeldeformular zu checken. Hoppla, da steht ja eine ganz andere Zeit. Wir sind eine Stunde zu früh… nicht nur am Tor, vor allem eine Stunde zu früh aufgestanden! Na ja, für den morgigen Tag wissen wir Bescheid. Endlich kann es losgehen, wir rollen langsam an, sehen auf Anhieb ein friedliches Nashorn, das sich wie ein Rasenmäher durch das viele Grün frisst. Genial! So kann es weitergehen, so denken wir; doch außer lautstarken Perlhühnern kommen uns vorerst keine Tiere vor die Linse. Schon stöhnen wir über die mühsame Tiersuche, doch dann… hinter einem Steinhügel… eine Streifenmangusten-Familie. Zusehends kommen immer mehr Tiere zum Vorschein. Sie scheinen gerade aus dem Schlaf erwacht, schütteln und putzen sich, schließen wieder die Augen und genießen die warmen Sonnenstrahlen. Einfach nur herrlich und fotogen zugleich. Mal sehen, was uns das nahe liegende Wasserloch zu bieten hat. Noch sind wir ganz allein, weit entfernt sehen wir einige Gnus, sonst herrscht Stille an diesem natürlichen Wasserloch mit Schilfgürtel und vor allem viel Wasser. Uwe denkt schon ans Weiterfahren, doch dann… zwei Tüpfelhyänen nähern sich zusehends dem Wasser. Langsam und immer um sich schauend streifen sie durch das hohe, grüne Gras; ein toller Anblick. Doch dieser traumhafte Moment ist nur von kurzer Dauer. Schon rückt ein Gamedrive-Fahrzeug mit Ranger und zwei(!) lautstarken Gästen an. Wir versuchen es zu ignorieren, machen weiterhin zauberhafte Fotos und Videos, die auch das Geplapper der Gäste mit einfangen. Willkommen im meist überlaufenden Etosha-Nationalpark, der momentan, vor allem coronabedingt, noch (!) nicht stark besucht ist. Die Hyänen lassen sich weiterhin nicht stören, nehmen ganz gemütlich ein morgendliches Bad, um sich dann weiter nach Fressbarem in den nahen Büschen umzuschauen. Und was erwartet uns als nächstes? Drei Löwen. Zwei stattliche Männchen, die sich nicht allzu weit von ihrem Elenantilopen-Riss entfernen, und eine Löwendame, die sich erst nach längerer Zeit aus dem Dickicht hervorwagt. Na, wenn das mal nichts ist. Es ist brütend heiß, die Löwen liegen hechelnd im Schatten, während Milane den Kadaver umkreisen und sich ab und zu ein Stück Fleisch genehmigen. Und da wir weiterhin auf große Tiere im Etosha-Park hoffen… bald stoßen wir auf einen großen Trupp Giraffen, zwischen den Beinen der erwachsenen Tiere tummeln sich die Jungtiere. Ja, ist das schön, mal zur rechten Zeit hier im Park zu sein, ihn obendrein in weiten Teilen grün zu erleben und die Möglichkeit zu haben, viele Jungtiere vor die Linse zu bekommen. Aber nicht nur die Säugetiere bekommen unsere Aufmerksamkeit, denn auch die Vogelwelt präsentiert sich bereits jetzt in ihrer Vielfalt: Gackel- und Riesentrappen, unzählige Lerchen, viele Strauße, Falken und Adler. Dazu stoßen wir an einem der großen Wasserlöcher auf gut 200-300 Abdims-Störche. Ist das verrückt. Noch nie haben wir diese Vögel hier gesehen und nun in dieser Menge. Dazwischen tummeln sich ebenso zahlreich Springböcke. Es ist ein friedliches Miteinander, während sich am Himmel das nächste Gewitter zusammenbraut.
Schon früh sind wir am nächsten Morgen in der Spur. Ganz allein rollen wir auf der Piste entlang der Etosha-Pfanne, Richtung Okondeka-Wasserloch. Hier haben wir bei unserem letzten Besuch ein großes Rudel Löwen mit Jungtieren angetroffen. Werden sie immer noch so zahlreich sein, oder hat sich das Rudel geteilt? Die Strecke zum Okondeka-Wasserloch (einer natürlichen Quelle) ist baumlos und wir kennen diese Ecke des Parks nur knochentrocken. Auch jetzt scheint es hier nicht geregnet zu haben, während andere Teile des Parks mit hohem grünen Gras und Blumen aufwarten können. Huch, was war das denn? Ein dunkles Etwas hinter den niedrigen, struppigen Büschen? Verrückt, es ist nicht nur ein Tier… zwei sind es. Zwei Honigdachse suchen bei langsam aufgehender Sonne nach Käfern und anderem Fressbaren. Und sie lassen sich gar nicht stören. Erst mal schnell die Kameras startklar machen, denn so schnell haben wir gar nicht mit einem Highlight gerechnet. Und es wird toll. Emsig suchen die zwei jeden struppigen Busch ab, kratzen den Boden auf, lauschen, kratzen weiter und wühlen mit ihren Schnauzen. Die Erde fliegt während der Kratzerei unter ihrem Körper hindurch, schon ist wieder ein Käfer gefunden, wird mit den Vorderpfoten festgehalten und mit den scharfen Zähnen weggeknuspert. Die Videosequenzen werden immer länger, es sind traumhafte Momente für uns, wie sich die zwei Schwarzweißen genüsslich vollstopfen und dann wieder weiterziehen. Das jüngere Tier folgt beständig dem Elterntier, wälzt sich sogar in dessen Ausscheidungen. Es ist zum Piepen, wie es sich, auf dem Rücken liegend, am Erwachsenen festhält, sich über den Boden schiebt, wieder klammert. Eine Traumszenerie, die wir ganz für uns alleine haben. Ganz nebenbei entdecken wir noch eine Schakalmutter mit ihrem halbwüchsigen Nachwuchs. Doch sie sind äußerst scheu und flitzen schnell Richtung Etosha-Pfanne. Irgendwann trollen sich auch die beiden Honigdachse und wir können „endlich“ weiter Richtung Okondeka-Wasserloch. Schon aus der Ferne sehen wir unzählige Springböcke, die sich am jungen Grün genüsslich laben. Und dann entdecken wir die Löwen. Doch dieses Mal sind es nur drei, ein stattliches Männchen mit fluffiger Mähne, dazu zwei Weibchen, von denen eines ein Halsband trägt. Ist das wirklich nötig? Das fragen wir uns jedes Mal, wenn wir Tiere, mit Sendern ausgestattet, erblicken. Noch ruhen die Tiere. Der Pascha liegt auf einer Anhöhe, hinter ihm stehen bedrohliche Gewitterwolken am Himmel. Gen Osten die riesige Etosha-Pfanne, über der bereits die Luft flimmert. Ich sage nur: „Etosha-Licht“, denn es ist ganz besonders und vor allem einzigartig.
Und die Löwen? Sie bleiben weiterhin schläfrig. Schon steigt die Sonne, es wird wärmer und wärmer, die Tiere suchen ein wenig Schatten und ein bisschen Wind. Die Wolken türmen sich mächtig auf, am Horizont gehen Regenschauer nieder, doch werden sie es auch bis zu uns schaffen? Wir hoffen auf tolle Fotos… mit nassen Löwen, doch nichts dergleichen passiert. Und dann rückt das erste Auto an. Natürlich erspähen auch sie die Löwen, doch die Tiere rühren sich nicht und werden schnell uninteressant. Auch wir machen uns auf den Weg, wollen uns aber zu später Stunde noch einmal hier einfinden. Sahen wir hier an der natürlichen Quelle beim letzten Mal unzählige Zebras, Giraffen, Gnus, Springböcke und Strauße, so sind es jetzt nur ein paar dieser Tiere. Aber nun, eben Natur, und für uns die Möglichkeit, auf unser nächstes Highlight zuzusteuern. Ganz durch Zufall bekommen wir am Wegesrand mit, wie ein Kronenkiebitz-Paar ihr Nest mit drei Eiern, gut getarnt zwischen Zebra-Losung, bewacht. Natürlich haben wir das brütende Tier vorerst aufgeschreckt, doch schnell beruhigen sich die Vögel und wir können sie bei ihren ständigen Brut- und Wachablösungen beobachten. Was für ein Schauspiel, immer begleitet vom lautstarken Lärmen der Vögel. Und es soll am heutigen Tag noch besser kommen. Wir haben sicherlich auch Glück, dass vorerst keine anderen Fahrzeuge auf den Pisten unterwegs sind, denn für so manche Highlights braucht man vor allem ganz viel Einsamkeit. Wir lassen das brütende Paar in Ruhe, schauen kurz bei einigen großen Webervogelnestern vorbei, um dann an mehreren Erdhörnchen-Bauten wieder anzuhalten. Mal sehen, was sich hier so tut. Vorerst nicht viel, schon gar nicht, als uns ein Fahrzeug mit dem NWR-Logo (Namibia Wildlife Resorts) entgegenkommt. Wir harren aus, warten, dass sich die kleinen putzigen Tiere wieder zeigen, während sich das Fahrzeug zusehends entfernt. Und plötzlich, auf der anderen Seite der Piste Bewegung. Das gibt’s doch gar nicht… was starrt uns, genauso wie wir, fasziniert und erschrocken an? Ein ERDWOLF!!! Wie genial ist das denn. Nur mit Mühe können wir ein paar Überraschungsfotos von diesem seltenen Tier machen. Wir sind hin und weg. Uwe sieht bereits zum 2. Mal einen Erdwolf, für mich ist es das erste Mal. Fantastisch, fantastisch, fantastisch.
Wir folgen weiter dem Weg durch diesen recht trockenen Teil des Etosha-Parks. Eigentlich haben wir schon einen Bärenhunger, doch eine große Zebramangusten-Familie lenkt uns wieder ab. Schon kommen sie im Eilzugtempo auf uns zu gelaufen, die erwachsenen Tiere vorneweg, die Kleinen im Schlepptau. Überall wird nach Futter gesucht, kein Baumstamm oder Busch wird ausgelassen. Gegraben wird natürlich auch, es könnten sich ja ein paar Käfer versteckt haben. Kurze Zeit später schon wieder Giraffen, zwischen den hohen Beinen wieder Jungtiere, es ist einfach ein wunderbarer Tag. Noch einmal schauen wir nach den Löwen, doch diese haben sich zurückgezogen. Dafür bekommen wir nun unzählige Springböcke zu Gesicht, der Wahnsinn. Dazwischen tummelt sich eine riesige Straußenfamilie mit 21 halbwüchsigen Küken. Wie genial ist das nun wieder. Wir filmen und filmen, machen Unmengen an Fotos und können nicht genug bekommen von all den Tieren. Doch so langsam geht der Tag zur Neige, wir wollen noch einmal eines der großen Wasserlöcher anfahren, werden aber von Erdhörnchen und vor allem von Fuchsmangusten zum Anhalten „gezwungen“. Irgendwann ist es dann auch für uns genug mit Tierschau und Kamera, und wir steuern überhungrig unser Camp an. Boah, was ist denn hier, im Gegensatz zum gestrigen Abend, los? Reichlich andere Besucher haben sich eingefunden, es wir wohl eine laute Nacht werden. Und sie wird es. Nicht nur das Stimmengewirr der vielen Menschen hält auch uns irgendwie wach, dazu plärren einige Alarmanlagen der Mietwagen in die Dunkelheit. Wir ertragen es irgendwie und hoffen auf mehr Ruhe auf unserem morgigen Campareal.
Der nächste Tag startet nicht so tierisch wie der vorherige. Na gut, wir geben uns erstmal mit Zebras, Riesen- und Gackeltrappen zufrieden. Dann zweigen wir vom Hauptweg ab, sehen einige trockene und auch vernachlässigte Wasserlöcher, andere dagegen liegen wunderschön im üppigen Grün mit vielen Blumen… aber wo sind die Tiere? Wir warten, schauen, hoffen, doch kein Hasenschwanz zeigt sich. Vielleicht versuchen wir es noch einmal an dem traumhaften Wasserloch, an dem wir die Hyänen gesehen haben? Vereinzelt tauchen Springböcke, Gnus, Rotkopfamadinen auf…doch wir wollen mehr. Und siehe da, wir sind gerade am Verstauen unserer Kameras… Bewegung am Wasser. Was ist das denn? Wir können es kaum glauben, spaziert doch ein Honigdachs geradewegs ins Wasser und beginnt zu schwimmen. Immer wieder taucht er mit der Schnauze unter. Wonach sucht er? Kurze Zeit später sehen wir seinen Jagderfolg… eine Schildkröte, die er fest zwischen seinen Zähnen hält. Wie verrückt ist das denn? Das haben wir beide noch nicht gesehen. Und das war es dann auch mit dem Highlight des Tages. Natürlich sollte man die vielen Gnus, Oryx- und Kuhantilopen mit ihren vielen Jungtieren nicht unerwähnt lassen. Gemächlich ziehen sie, wie eine große Kuhherde, gemeinsam durchs hohe Gras.
Am späten Nachmittag erreichen wir endlich das riesige Halali-Camp, das ziemlich mittig im Etosha-Park liegt. Und hier ist es erstaunlich still. Höchstens eine Handvoll Camper hat sich für diese Nacht eingefunden, man fühlt sich fast verloren auf dem großen Areal. So wie wir ist auch einer der Angestellten recht froh darum. Doch schon erzählt er, dass es ab April hier rappelvoll sein wird und die Menschen in Volksfeststimmung verfallen. Dann ist es vorbei mit Ruhe und dem Lauschen der Vogelstimmen. Also genießen wir lieber gleich den lautstarken Trupp der Nacktwangendrosslinge, die sich lärmend kreuz und quer durchs Gelände bewegen.
Neuer Tag, neues Glück… so hoffen wir. Vorerst rollen wir durch waldiges Areal, erreichen ein abgelegenes Wasserloch, an dem sich unzählige Impalas tummeln. Natürlich hat sich auch bei ihnen reichlich Nachwuchs eingestellt. Boah, was für eine friedliche Szenerie, nur die grasenden Tiere und die umgebenen Naturgeräusche. Doch der Zauber währt nicht lange. Schon preschen andere Fahrzeuge heran, die Tiere verziehen sich springend in den Wald, und dann fängt es auch noch an zu regnen. Die Motoren der anderen Autos laufen weiter, die Scheibenwischer müssen ja wischen, die Klimaanlagen müssen brummen. Von den Tieren sieht man schon fast nichts mehr. Doch noch harren wir aus, hoffen, dass wir bald wieder alleine sind und vielleicht irgendein tierisches Schauspiel geboten bekommen. Aber nichts passiert und so trollen auch wir uns. Wieder rollen wir durch Wald, Wald, Wald. Ahhh, ein Picknickplatz, ein wenig abgelegen. Natürlich ist, oder besser war, dieser Platz mal eingezäunt, mit einem überdachten Plätzchen und einer Toilette versehen. Doch alles wurde extrem vernachlässigt und wird nun zusehends von der Natur wieder eingenommen. So auch das Toilettenhäuschen, das schon ein wenig belustigend die Aufschrift „Not in use“ trägt. Wusch. Was war das denn? War das gerade eine Eule? Da hat sie sich ja den perfekten Unterschlupf gesucht. Am einstigen Eingang des Häuschens liegt reichlich Gewölle und Kot. Jetzt schnell die Kamera rausholen, denn der Vogel ist gerade auf einem nahen Baum gelandet. Wusch, da fliegt doch noch ein zweiter Vogel aus dem Haus. Wow, es sind wahrlich Schleiereulen, die sich diesen Platz als Ruhe-, Schlaf- oder Nistplatz auserkoren haben. Schon saust ein Habicht zu dem auf dem Baum sitzenden Vogel… und verscheucht ihn tatsächlich. Damit habe ich nun gar nicht gerechnet. Mir bleibt nach einigen „Sicherheitsfotos“ nur das Hinterherschauen.
Weiter Richtung Etosha-Pfanne. Überall steht das Wasser auf den Flächen, ein Paradies für Wasservögel. Schnepfen und Regenpfeifer flitzen durch das seichte Gewässer, Waffenkiebitze lärmen wie immer lautstark, Marabus und Enten stehen regungslos an den Rändern. Und dann? Ein Breitmaulnashorn, das genüsslich durch das hohe Grün streift. Noch einmal scheuert es sich an einem vertrockneten Baumstamm, schaut um sich und verschwindet dann in aller Gemütlich- und Langsamkeit im Dornengestrüpp. Und nun stehen wir wieder am Rande der riesigen Etosha-Pfanne, und wie jedes Mal nimmt uns die Weite und das einmalige Licht gefangen. Am Horizont sehen wir unzählige Flamingos, die sich wie ein rosafarbenes Band über die feuchte Lehm-/Kalkschicht verteilen. Immer wieder steigen riesige Schwärme der grazilen Vögel auf, um wieder an einem anderen Platz zu landen. Was für ein Schauspiel, das wir auch in den nächsten Tagen noch ausgiebig genießen werden.
Der nächste Tag beginnt schon kurz hinter dem Gate mit zwei Nashörnern, eines davon ein halbwüchsiger Bulle. Gemütlich ziehen sie durchs dornige Gebüsch, schauen, kauen, flehmen. Wir bleiben, während andere Besucher schnell weiterrollen. Und dann queren sie die Straße, wow, wir filmen und fotografieren, es ist einfach nur fantastisch. Selbst vom einsetzenden Regen bleiben die Tiere unbeeindruckt… wir auch. Aber dann geht es irgendwann auch für uns Richtung Namutoni, gen Osten, weiter. Es regnet und regnet, Perlhühner und Haubenlerchen schütteln sich beständig die Nässe vom Gefieder. Und dann in der Ferne wieder die unzähligen Flamingos… es müssen Hunderttausende sein, die sich auf der weiten Pfanne versammelt haben und nach Nahrung suchen.
Langsam bessert sich das Wetter und zum Camp Namutoni ist es nicht mehr allzu weit. Wir fahren noch ein paar kleinere Wasserlöcher an, und sehen plötzlich unzählige Tiere: Impala-Herden, Zebras, Gnus, Springböcke, Oryxantilopen. Dazu wird uns von anderen Besuchern von einem Löwenmännchen erzählt, das irgendwo am Wegesrand liegen soll. Hier im Osten des Etosha-Nationalparks scheinen sich momentan besonders viele Tiere aufzuhalten. Und tatsächlich, zum Abend hin drehen wir noch eine Runde, fahren einen Loop, der direkt an der großen Pfanne entlangführt… und bekommen ein einzigartiges Giraffenspektakel geboten. Unglaublich, wie viele Langbeine sich hier, bei bestem Abendlicht, versammelt haben. Allein durchs Fernglas zähle ich locker 100 Giraffen. Ist das verrückt! Und bestimmt stehen noch viele in dem hohen Dornengestrüpp, denn von dort kommen immer mehr Tiere zur Pfanne. Wir sind hin und weg. Was für ein Farbenspiel, die große weiße Pfanne mit dem Wasser, in dem sich der blaue Himmel mit seinen weißen Wölkchen spiegelt. Davor die vielen Giraffen, von der Abendsonne angeleuchtet. So viele Giraffen haben wir noch nie auf einmal gesehen. Große und kleine Tiere, Giraffenbullen, die bereits Ausschau nach brünftigen Weibchen halten, Jungtiere, die auf Schritt und Tritt ihren Müttern folgen. Dazwischen Halbwüchsige, die sich ihren eigenen Weg suchen. Ein Wahnsinns-Schauspiel! Nebenbei entdecken wir zu der häufig vorkommenden Gabelracke die seltenere Blauracke. Dazu viele Große Bienenfresser; und wieder Marabus, Schnepfen und Löffler.
Ob wir die vielen Giraffen am nächsten Tag noch einmal zu Gesicht bekommen werden? Nach nächtlichem Löwen-, Hyänen- und Schakalgebrüll sind wir schon früh in der Spur. Doch statt der Raubtiere und Langbeine sehen wir nun viele Gnus auf dem Grün, das die große Pfanne einrahmt. Und dazwischen? Ein Spitzmaulnashorn! Schon setzt es sich in Bewegung und läuft zur nächstbesten Suhle. Wir machen die Kameras klar, hoffen auf mehr, vor allem darauf, dass das Tier näher kommt. Und es kommt… vorerst pitschnass aus der Suhle. Es glänzt im Morgenlicht und frisst sich langsam in unsere Richtung. Nichts stört das Tier. Wir sind ganz allein, wieder filmen und fotografieren wir wie verrückt… Genuss pur. Und der Tag soll noch ein weiteres Highlight bringen. Bis zum frühen Abend rollen wir durchs Areal, sehen zwei einsame Elefanten, die in aller Ruhe über die weiten Ebenen ziehen. Vereinzelt tauchen stattliche Kudu-Männchen aus den Waldgebieten auf. Ebenso bekommen wir Kudu-Weibchen und einige Jungtiere zu Gesicht. Das Ganze wird untermalt von den vielen verschiedenen Vogelarten, die wir erst nach und nach bestimmen, wie die tolle Königswitwe und der Mosambik-Schmetterlingsfink. Zum Ausklang des Tages wollen wir noch ein wenig Zeit an einem der schönen Wasserlöcher verbringen. Schon haben sich im Laufe des Tages wieder riesige Gewitterwolken aufgetürmt, die sich zum Abend hin entladen. Große Gruppen von Zebras, Impalas und Springböcken stehen dicht beieinander und rühren sich nicht. Der Regen peitscht über die Tiere. Und dann ist der Spuk schon wieder vorbei, die Sonne kommt sogar zum Vorschein, zaubert einen traumhaften, halbrunden Regenbogen an den Horizont und scheint die Tiere wieder aus ihrer „Starre“ zu erwecken. Wunderbare Szenerie, die mit einem Highlight endet… und zwar mit einem wie wild gewordenen Löwenrudel. Erwecken gerade noch zwei pitschnasse Schakale unsere Aufmerksamkeit, sehen wir plötzlich in der Ferne, vor einem tiefschwarzen Himmel und von der Abendsonne angestrahlt, fünf Löwen im Spielrausch. Springend, ringend, übereinanderpurzelnd, der Regeschauer scheint die kräftigen Tiere in einen wahren Freudentaumel versetzt zu haben. Was für eine Szenerie zum späten Abend. Wir können uns nicht sattsehen, müssten eigentlich schon unsere Rückfahrt zum Camp antreten. Noch einen Moment, noch einen kleinen Moment den Anblick genießen.
Am nächsten Morgen stoßen wir auf dem kleinen Dikdik-Loop nicht nur auf die gleichnamigen Tiere, sondern auch ganz unverhofft auf Leopardenspuren, die ganz frisch im noch feuchten Sand gesetzt wurden. Hui, bekommen wir diese Katze vielleicht auch noch zu Gesicht? Die Natur trieft vom Regen, an den Gräsern bilden die Wassertropfen schöne Fotomotive im ersten Sonnenlicht. Traumhafte Szenerie, dazu die vielen Vogelstimmen. Den Leoparden sehen wir nicht, dafür aber die hübschen Spitzschwanzparadieswitwen… und davon viele. Und die Vogelwelt hält uns weiter in Atem, neben den Paradieswitwen sehen wir Schlangenadler, afrikanische Rohrweihen und sogar zwei Höhlenweihen. Die Perlhühner lärmen wie jeden Morgen auf den Wegen und im hohen Gras, ein Bindenrennvogel-Pärchen steht still und nass am Wegesrand und hofft wohl darauf, nicht entdeckt zu werden(?) Wir rollen zum Chudob Wasserloch, doch von den vielen Tieren vom Vortag sind außer ein paar Springböcken keine zu sehen. Haben die Löwen vielleicht in der Nacht Beute gemacht und die anderen Tiere verscheucht? Wir bleiben einfach, mal sehen was passiert. Schon hören wir wieder die lautstarken Waffenkiebitze… ahhh, da sind ja zwei Küken, die sich mutig an der Wasserkante des Wasserloches und im niedrigen Gras drum herum bewegen. Was für Federbällchen. Das Sonnenlicht scheint förmlich durch die zarten Vögelchen hindurchzuleuchten. Wusch! Schon zischt ein Falke quer über das Wasserloch und greift sogar die Kiebitze und die Mohrenrallen an. Wir warten und warten, passiert hier denn heute gar nichts? Andere Besucher rollen mit ihren Fahrzeugen an und ab, wir harren weiter aus. Schon ist die Mittagshitze präsent, wir schwitzen zusehends… und dann… zum zigsten Mal schaue ich in den Rückspiegel… Moment, das gibt’s ja gar nicht. Läuft doch ganz gemächlich ein Löwenmännchen durch das „Spiegelbild“ in Richtung Wasser. Wie verrückt ist das denn? Hatten wir in den frühen Morgenstunden nur in der Ferne das Brüllen gehört, so steht hier nun der „Pascha“ am Wasser und trinkt und trinkt. Seine Pranken sind noch leicht rötlich, sein Bauch scheint randvoll. Gab es gutes Futter in der Nacht? Und wo sind die Löwendamen? Auch auf sein Brüllen hin bleiben die Damen versteckt… ein bisschen schade für uns. Schon wandert das prächtige Tier zu den nächsten Büschen, verschwindet und bleibt für alle anderen Besucher nun unentdeckt. Während Uwe noch mit dem Filmen und Fotografieren des Löwenmännchens beschäftigt ist, zieht mich eine plötzlich aufgetauchte Streifenmangusten-Familie in den Bann. Das Brüllen hat die Tiere aufgescheucht, jetzt schauen sie ständig in die Richtung des Löwen, putzen sich gegenseitig, schauen wieder und machen sich dann nach und nach auf den Weg zu einem neuen Plätzchen, oder gehen vielleicht auf Futtersuche?
Wir haben weitere Nächte auf dem Namutoni-Camp gebucht. Wir sind so begeistert von den vielen (vor allem der Anzahl) Tieren, das müssen wir einfach auskosten. Auf dem Camp hat sich mittlerweile eine größere Anzahl Camper eingefunden, mit der absoluten Stille ist es nun vorbei. Und doch sind wir froh, dass Corona die Menschenmassen noch „zurückgehalten“ hat.
Wir müssen nicht weit fahren, auf und an den offenen, freien Wasserflächen tummeln sich Gänse, Enten, Löffler, Kiebitze, Marabus. Dazu sehen wir Ohren- und Weißrückengeier, die es sich sitzend und liegend im hohen Gras und Blumenmeer gemütlich machen. Was für ein Anblick! Rund um die große Etosha-Pfanne tummeln sich Gnus, unzählige Zebras, Giraffen und Springböcke mit ihren frisch geborenen Jungtieren. Endlich sehen wir auch mal Warzenschweine, auch sie führen Junge. Habichte und Steppenbussarde sitzen hoch oben in den Büschen und lauern auf Beute. Natürlich dürfen die vielen Gabelracken, die Königswitwen und Großen Bienenfresser nicht fehlen. Und dann wieder in den frühen Morgenstunden die unzähligen Flamingos. Was für ein sich wiederholendes Panorama, die grazilen Vögel vor dem blauen Himmel, in dem seichten Wasser auf der riesigen Pfanne nach Nahrung suchend.
Letzte Nacht, neuer Morgen, wir starten bei bestem Morgenlicht und wollen noch einmal zur großen Etosha-Pfanne. Weit kommen wir nicht, denn eine Schakalfamilie wurde nicht nur durch uns aufgescheucht. Wo schauen die kleinen Jäger hin? Schnell haben wir die Tüpfelhyäne entdeckt, die zügig durch das hohe Gras läuft. Immer wieder schaut sich das Tier um. Futter, Futter, die Nase in den Wind gerichtet, eilt die Hyäne Richtung Wasser, sieht die Schakale und ändert ihren Weg. Die Schakale und auch wir hinterher. Das Licht ist grandios… unsere Fotos und Videos auch. Wir postieren uns auf einem Seitenweg… und schon kreuzt das Tier unseren Weg. Genial.
Eigentlich sind wir schon jetzt hoch zufrieden mit der morgendlichen Ausbeute, wollen nur noch einmal nach den Flamingos schauen… und dann? Sehen wir doch 5(!) Rhinos in der Ferne im hohen Gras, am Rande der Etosha-Pfanne. Langsam nähern wir uns, können unser Glück kaum fassen und bekommen für unsere Langsamfahrerei einen Denkzettel. Denn von hinten naht ein Gamedrive-Fahrzeug. Noch glauben wir an das Gute, hoffen auf Rücksichtnahme und perfektes Tiererlebnis. Aber nichts dergleichen. Das Gamedrive-Fahrzeug beschleunigt mit den 4 Insassen, rast auf die scheuen Nashörner zu. Diese setzen sich ebenso in Bewegung und laufen in großem Tempo davon. Wir haben das Nachsehen, von tollen Fotos kann schon gar keine Rede sein. Enttäuscht und sauer rücken wir ab, die 4 Insassen des anderen Fahrzeuges prosten sich zu und jubeln. Adios Etosha.
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